Die Nebelkerze aus Bonn zeigt Wirkung

Wie hier bereits vor einiger Zeit gepostet, will die Deutsche Telekom einen Paradigmenwechsel vollziehen und die Netzneutralität abschaffen. Dagegen hat sich unter Federführung von Johannes Scheller erfolgreich Widerstand gebildet, der mit der notwendigen Zahl an Unterstützern für die ePetition sein erstes Etappenziel erreicht hat. Vielleicht hat man in Bonn das Tempo und die Heftigkeit der Reaktion unterschätzt. Falls ja, so sind die Strippenzieher dort jedenfalls auf bestem Wege, ihren Fehler auszumerzen. Dafür setzen sie auf eine Nebelkerze in Form einer Änderung der Drossel: Beginnend bei einem Volumen von 75 GB sollte das „Tempo“ gedrosselt werden auf 384 Kbit/s, technologisch ein Rückfall in die Steinzeit des Internets.

Doch das soll jetzt geändert werden auf 2Mbit/s, also auf das Niveau, was von der Politik bereits als Breitband bezeichnet wird. Grund hierfür: „Wir haben verstanden, dass unsere Kunden sich Sorgen machen“, so Niek Jan van Damme, Deutschlandchef der Telekom. Und das zeigt Wirkung. Die Süddeutsche Zeitung schlagzeilt bereits „Telekom knickt vor Drosselkom-Protest ein“ was absoluter Quatsch ist! Denn dies ist keine Maßnahme die ein Einknicken vor dem Protest darstellt! Erstens ist es durchaus möglich, dass dieses Vorgehen von Anfang an als Reaktion auf einen Proteststurm angedacht war. Zweitens jedoch geht es beim Protest in erster Linie um einen weitaus wichtigeren Punkt, die Wahrung der Netzneutralität. Und in dieser Angelegenheit rückt die Telekom keinen Zentimeter von ihrem Standpunkt ab, zwischen guten, sprich eigenen Daten und sogenannten Managed Services, und schlechten, allen anderen Daten zu unterscheiden! Anders ausgedrückt, von der Bevorzugung bestimmter Dienste ist der Bonner Konzern nicht abgerückt.

Was das für die Zukunft unseres Wirtschaftsstandortes, Stichwort Wettbewerbsverzerrung, oder den einzelnen User real bedeutet, das kann man nochmals wunderbar an dem Video von Alexander Lehmann und Mario Sixtus nachvollziehen:

 

Petition zur Netzneutralität

Aus aktuellem Anlass möchte ich an dieser Stelle dazu aufrufen, die Petition von Johannes Scheller zur Netzneutralität zu unterstützen. Und um es auch an dieser Stelle noch einmal zu wiederholen, es geht nicht num die Preiserhöhung für Flatrates. Das ist eine wirtschaftliche Entscheidung und ureigene Angelegenheit der Deutschen Telekom und des Marktes. Doch soll die Drosselungsgrenze von 75 Gigabyte (ab der ein Internetanschluss ohne Zuzahlung künftig in die Steinzeit zurückfällt) die Dienste nicht einrechnen, die von ihr selbst angeboten werden oder die sie dafür bezahlen. Das ist nichts anderes als die Abschaffung der Netzneutralität.

Um dies überhaupt gewährleisten zu können, muss die Telekom wissen, welche Datenpakete gerade „angeliefert“ werden. Dies hat eine totale Änderung der Netznutzung zur Folge. Man stelle sich einmal vor, die Deutsche Post öffnet einen Brief / ein Paket um nachzuschauen, was dort drin ist um dann gegebenenfalls ein anderes Porto / einen anderen Liefertermin festlegen zu können…

Start der Petition war der 21.05.2013 und nach zwei Tagen haben bereits mehr als 2/3 der erforderlichen 50.000 Bürger unterzeichnet. Daher noch einmal die Bitte, um Unterstützung!

Update 24.05.2013: Bereits kurz nach 11 Uhr wurde das erste Etappenziel erreicht. 50.000 Bürger haben unterzeichnet, die zweitschnellste E-Petition in der Geschichte des Bundestages!

Die Bonner machen es

Was hier bereits vor einigen Wochen angesprochen wurde ist jetzt Realität, die Deutsche Telekom vollzieht den Paradigmenwechsel und kündigt die Netzneutralität auf. Auch wenn sich die Beteiligten gegen den Begriff wehren und Einschätzungen wie Datendrossel von sich weisen, es ändert nichts an der Tatsache, dass dieser Schritt der Abschied von einem neutralen Netz mit dem gleichberechtigten Transport aller Informationen bedeutet.

Denn nach der jeweiligen Grenze existieren noch zwei Optionen, der Kunde bezahlt erneut eine Summe und es läuft wie bisher, oder aber die Daten tröpfeln im 384 Kbit/s-Modus. Es sei denn es sind gute Daten und was gute Daten sind, das definiert eben die Telekom. Selbstverständlich zählen dazu Angebote wie „Entertain“, die dem Volumen nicht angerechnet werden. Angebote von Inhaltepartnern wie etwa Spotify im Mobilfunk sind auch gute Daten. In Entertain ist dabei auch Videoload integriert, Wettbewerber wie Maxdome oder iTunes nicht. Diese und alle anderen sind böse, denn sie verstopfen die Datenleitung. Ach so das gilt auch nicht für VoIP und zudem nur für Neuabschlüsse. Überhaupt ist das dann für die Altkunden ja gar nicht so wichtig. Doch es ist wichtig, denn in den nächsten Jahren wird der Großteil der Kunden eh auf VoIP umgestellt und die erhalten dann selbstverständlich angepasste Verträge. Ein Schelm der Übles dabei denkt.

Man könnte das Ganze auf sich beruhen lassen und sagen, gut dann überlassen wir das eben dem Verbraucher, der wird schon mit den Füßen abstimmen und dann muss der Konzern die Konsequenzen ziehen. Aber dem ist nicht so! Denn vielleicht ist dies ja nur ein Testballon und die anderen Carrier ziehen nach. Auch wenn etwa ein Vodafone-Sprecher auf Anfrage mitteilt: „Wir haben keine Pläne, die DSL-Geschwindigkeit unserer Kunden zu drosseln“, darauf verlassen kann man sich nicht. Viel wichtiger jedoch, es gibt immer noch zahlreiche Regionen in Deutschland wo man gar keine Wahl hat, weil der Wettbewerb faktisch gar nicht vorhanden ist (Reseller müssen schließlich Verträge mit den Bonnern abschließen). Und dann schaut man in die Röhre! Was jedoch noch viel katastrophaler ist, wir sind ein Technologiestandort oder wollen einer sein. Und Datenraten von 384 Kbit/s sind in diesem Zusammenhang nur eins – lächerlich. Andere Industrienationen setzen auf Glasfaser und extrem schnell, gut ausgebaute Verbindungen, während Deutschland in die digitale Wüste reist! Aber diese Geschichte reiht sich ein in die katastrophalen Entscheidungen zum Technologiestandort Deutschland.

Eine Frage bleibt noch: Das Stromnetz ist doch auch Infrastruktur. Gibt es eigentlich auch guten und schlechten Stromverbrauch? Und kommen demnächst die Stromanbieter auf die Idee…

Update 02. Mai 2013: Wie oben bereits vermutet wird es nicht bei der Drosselung der Neukunden bleiben. Ab 2018 werden auch Bestandskunden er gedrosselt.

Radikaler Kurswechsel bei der Telekom?

Gut, dass die Deutsche Telekom nicht gerade als Hort der Kundenfreundlichkeit bekannt sein dürfte, das ist spätestens seitdem der Telekom-Sketch in den neunziger Jahren zur festen Einrichtung in der RTL-Sendung „Wie bitte?“ wurde, sattsam bekannt.

Aber was jetzt das Licht der Öffentlichkeit erblickt verwundert dann doch: Es wird deutlich, dass die Zeiten der Flatrates zumindest bei den Bonnern vorbei sein sollen, denn statt Flatrate heißt es dann – Drosselung ab einem bestimmten Volumen auf 384 KBit/s. Das soll angeblich ab dem 02. Mai 2013 etwa beim Tarif Call & Surf mit DSL bei 75 GByte losgehen. Das klingt zwar zuerst einmal nach ordentlich viel Holz, aber ist es nicht wirklich. Wird etwa ein neuer PC aufgesetzt und einiges an Programmen aus dem Netz geladen, ab und an bei youtube vorbegeschaut und schon sind die 75 GB geschmolzen wie Eis unter der Sonne.

Deutlicher geht es dann doch nicht, dass sich in Bonn von jeder Kundenorientierung verabschiedet werden soll! Okay, angeblich sind nur Neukunden betroffen, aber beim Kundenservice den die Telekom immer an den Tag legt, wette ich da auf keinen Fall drauf, dass es auch so bleibt. Anfragen an die Presseabteilung sind bereits erfolgt, eine offene und ehrliche Antwort ist jedenfalls ausgeblieben. Das Geschwurbel das als Antwort kam – man hätte über das Bekannte hinaus nichts mitzuteilen – ist jedenfalls alles andere als ein Dementi. Ich erlaube mir daher die Freiheit dies so auszulegen, dass diese Pläne konkret bestehen und ein Paradigmenwechsel stattfinden soll. Michael Müllers Begriff Skandal trifft es in meinen Augen nicht einmal im Ansatz!

Das Bundeswirtschaftsministerium plant mit seiner Breitbandstrategie die Anbindung aller Haushalte an ein leistungsfähiges Netz bis 2018! Wobei leistungsfähig auch mit Vorsicht zu genießen ist, denn 50 MB sind das Ziel und 2018 ist noch weit, sehr weit weg. Schaut man einmal auf den Breitbandatlas dann sieht das schon ganz anders aus wenn man nur einmal 6 MB anklickt. Und das ist bereits nicht wahnsinnig schnell wenn mehrere Geräte in einem Haushalt ins Web wollen. Bei mir geht aktuell auch nicht mehr und ich bin nicht wirklich glücklich damit! Aber seis drum, wir haben dann 2018 alle 50 MB und bei den Providern eine Bremse bei 75 GB oder 50 GB oder gar nur 25 GB? Ein Witz und zwar ein extrem schlechter!

Aber vielleicht führt das Gedankenspiel ja auch zu einem Umdenken auf Kundenseite. Eine Abstimmung mit den Füßen, die Weigerung solche Verträge auch zu unterschreiben, der Wechsel zu anderen Anbietern die solche Vorstellungen nicht hegen, all das ist schließlich möglich. Und das ist vermutlich die einzige Antwort, die der rosa Riese versteht. Übrigens T-Systems kann dann ja vielleicht einmal anfangen ihre Cloud-Lösungen zu überarbeiten, denn das wird ja sicherlich kein Renner wenn Flatrates erdrosselt werden! Aber zumindest wird eines sehr deutlich – an Kundeninteressen ist man in Bonn nicht mehr orientiert. Dieser Kurswechsel ist dann bereits vollzogen, so ehrlich ist man!