Nein, einen Nachruf möchte ich nicht schreiben. Das können andere viel besser! Aber seinen Tod einfach unkommentiert lassen, das kann und will ich auch nicht. Dafür habe ich Dieter Hildebrandt viel zu oft gesehen, ihm zugehört, ihn gelesen und ihm zu verdanken.
Danke für die Kommentare zur politischen und gesellschaftlichen Entwicklung Deutschlands, Danke auch für das grandiose Kabarett und die immer wieder vergnüglichen Stunden!
Es gäbe viele Sätze, Nummern, die man zitieren könnte, aber eine ist für mich persönlich schlicht und ergreifend unerreicht, die legendäre Sendung und der ”Verdacht auf groben Unfug” über den Rhein-Main-Donau-Kanal:
So jetzt haben wir den Salat. Da gibt es so viele schöne Klischees und Vorurteile wie das mit der Mediennutzung heute so zu laufen hat. Jung muss man sein, Nerd kann man sein, sich aber auf jeden Fall als „Digital Native“ verstehen. Und dann kommt dieser alte – und das meine ich jetzt wirklich nur mit ganz, ganz viel Hochachtung – Mann daher und macht was? Web-TV! Das geht aber doch gar nicht, das darf es doch nicht wirklich geben!
Doch das gibt es – Gott sei Dank! Denn Dieter Hildebrandt und Co., vor allem Stefan Hanitzsch ist zu nennen, haben am Osterwochenende den Störsender aufgemacht! Unterstützt wird er dabei von langjährigen Kollegen und Wegbegleitern und von einer großen Masse an Supportern, die das Crowdfunding-Ziel übererfüllt haben.
Und wer fehlt? Es sind die TV-Sender, die in diesem Zusammenhang wirklich ganz, ganz blass aussehen, oder wie es Richard Gutjahr so schön beschreibt: „Wir Fernsehmacher wären gut beraten, das ernst zu nehmen, was die Truppe um Hildebrandt da tut. Ich vermute jedoch, dass in den Sendeanstalten kaum einer überhaupt Kenntnis davon nimmt, weil man zu sehr beschäftigt ist mit Dingen wie Primetime-Programmierung, Audience-Flow und Quotenoptimierung.“
Ich fürchte Richard Gutjahr liegt mit seiner Einschätzung richtig. Denn 85-jährige dürfen doch nicht wirklich wissen und vormachen, was man im Web so alles an Möglichkeiten hat, wie schnell dies ein Publikum findet und wie man damit den Sendeanstalten eine lange Nase zeigt! Aber vielleicht liegt es ja darin begründet, dass 85 die Zahl ist, die Dieter Hildebrandt nur laut Personalausweis charakterisiert, er aber in Wirklichkeit viel agiler ist, als die TV-Macher sich dies nur vorstellen können. Egal, ich freue mich bereits jetzt schon auf zahlreiche Störsender-Abende!