Die Meldung platzte gestern wie eine Bombe in die Verlagswelt: Die Axel Springer AG verkauft insgesamt neun Printtitel an die Funke-Mediengruppe GmbH & Co. KGaA (die Änderung der Firmierung ist Folge des Deals). Was sich wie eine ”normale” Meldung liest, beinhaltet jedoch in vielerlei Hinsicht Sprengstoff.
Da sind zum einen die Titel die abgegeben werden. Dazu gehört die Regionalzeitung ”Berliner Morgenpost”, die Frauen- und Programmzeitschriften ”Bild der Frau”, ”Frau von heute”, ”Bildwoche”, ”TV Neu”, ”Funk Uhr”, und ”TV Digital”, Titel die keine besondere Bedeutung für den Verlag haben. Anders sieht es aber beim ”Hamburger Abendblatt” und der”Hörzu” aus. Denn dies sind nicht irgendwelche Titel, sie zählen vielmehr zu den Wurzeln des Verlages. Im Jahr 1946 gründeten Axel Springer und sein Vater, der Verleger Hinrich Springer, den Axel Springer Verlag in Hamburg. Erste Publikationen waren eben die Hörzu und die Nordwestdeutschen Hefte. 1948 folgte dann das Abendblatt. Damit wird deutlich, in Hamburg macht man ernst mit dem Wandel des Unternehmens hin zur digitalen Wirtschaft und zwei Kernmarken sollen es rausreißen, ”Bild” und ”Welt”. Selbst vor dem Schlachten Heiliger Kühe, wie in diesem Fall mit Abendblatt und Hörzu, schreckt man nicht zurück.
Der andere Aspekt betrifft den Käufer, die Funke-Mediengruppe. Deren Kaufziel ist laut Pressemitteilung, die Entwicklung des Konzerns zu einem führenden nationalen Medienhaus zu beschleunigen. Vermarktung und Vertrieb sollen gemeinsam mit Springer erfolgen und dadurch die Situation in Essen eine Wendung zum Guten finden. Und das Ganze zum Preis von 920 Mio. Euro, bei einem Umsatz der neun Titel von 512,4 Mio. Euro und einem EBITDA von 94,8 Mio. Euro. Da kann man Springer nur gratulieren. Denn unternehmerisch dürften die Hanseaten der Gewinner sein und sich die Hände reiben ob dieses Deals. Zumal sie noch ein zweites Mal kassieren werden und zwar Zinsen. Denn die Kreditlinie in Essen scheint nicht ausreichend groß zu sein, um den Abschluss stemmen zu können, sodass Springer einen Kredit von 260 Mio. Euro bereitstellt!
Hier beantworten also die zwei beteiligten Verlage, die grundsätzliche Frage, wie ihre Zukunft aussehen soll vollkommen unterschiedlich. Die Funke-Mediengruppe setzt weiterhin auf Print, will den Schwerpunkt auf seine Regionalmedien und Zeitschriften konzentrieren und dabei Print und Digitalmedien verbinden. Doch ob dies angesichts der stetig sinkenden Auflagen von Regionalzeitungen und Zeitschriften, dem hohen Schuldenstand und der Frage wie die Zukunft von Print aussieht gelingt, ist auch angesichts der Essener Konzeptlosigkeit sehr zu bezweifeln. Denn bisher sah die Strategie so aus, dass zuerst Ausgaben gesenkt werden müssen in Form von Zusammenlegungen, Stellenstreichungen, Lohnkürzungen. Schon jetzt dürfte in den Redaktionen und kaufmännischen Abteilungen das große Zittern ausbrechen.
Aus Sicht von Springer ist der Verkauf der Titel vor allem eins: konsequent. Ende Juni erklärte der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner gegenüber der Süddeutschen Zeitung, man wolle der ”digitalste Medienkonzern werden“. Und dafür hat man in den letzten Jahren bereits einige Zukäufe realisiert: Dazu gehören Unternehmen wie Stepstone, Immonet und Kaufda. Der Wandel ist im vollen Gange und der Verkauf an Funke spült weiteres Geld in die Kassen, um digital wachsen zu können. Verlierer ist der Printbereich, aber dieser hat für Springer anscheinend keine Zukunft mehr. Denn eines beweist der Deal, Matthias Döpfner, Chef von Europas größtem Zeitungshaus glaubt nicht mehr an Print. Für ihn heißt die Zukunft digital. Und dass er damit falsch liegt, darauf gehe ich jedenfalls keine Wette ein!
Update 29. Juli 2013: Auch in Frankreich beschreitet Springer den Weg der Digitalisierung und verkauft große Teile seines Print-Geschäfts. Dort geht der französische Zeitschriftenverlag PGP an das Medienunternehmen Reworld Media.