Funke-Mediengruppe glaubt an die Zukunft der Zeitung, aber wer glaubt noch an die Funke-Mediengruppe

Krude Logik im Quadrat. Da strebt die Funke-Mediengruppe den Kauf der Regionalzeitungen des Axel Springer Verlages an, um so die Entwicklung des Konzerns zu einem führenden nationalen Medienhaus zu beschleunigen. Und dann wird eine Lokalredaktion nach der anderen geschlossen oder wie jetzt gar verkauft. Dieses Mal trifft es alle Blätter die im Großraum Dortmund erscheinen. Käufer ist die Mediengruppe Lensing mit ihren ”Ruhr Nachrichten”, die bereits teilweise WAZ und Westfälische Rundschau (WR) mit Lokalnachrichten versorgt. Vorbehaltlich der Zustimmung des Bundeskartellamtes übernimmt Lensing die Ausgaben der WAZ und WR in Dortmund, Lünen sowie Castrop-Rauxel und zusätzlich die WR-Ausgabe in Schwerte. Funkes Content Desk in Essen soll jedoch weiterhin den Mantelteil liefern.

Also wenn man an die Zukunft von Print glaubt – oder wie in diesem Fall besser glauben muss – dann erschließt sich dieses Vorgehen dem Betrachter gar nicht. Denn ein führendes nationales Medienhaus, das nach und nach eine Redaktion nach der anderen schließt, das verstehe wer will! Aber vielleicht hoffen die Beteiligten, dass das Abstecken der Claims im Ruhrgebiet gepaart mit einer intensivierten Zusammenarbeit den Rettungsanker für ihre Häuser liefert und sie so dem Zeitungssterben entgehen!

Sie tun es wieder!

Konzeptlosigkeit, Verzweiflung, Sturheit oder ein zu großer Druck aufgrund des Schuldenbergs – warum die Funke-Mediengruppe so agiert wie sie agiert darüber lässt sich sicherlich streiten. Dass sie es aber erneut macht ist unstrittig und dieses Mal ist unter anderem Castrop-Rauxel das Opfer! Denn hier werden wie im Februar bereits bei der Westfälischen Rundschau die Leser mit Hilfe der Kooperation zu ”ihrem Glück gezwungen”. Schließlich sind Lokalreporter vor Ort nur ein störendes Beiwerk und nicht wirklich notwendig, vor allem wo die Mediengruppe Lensing mit ihren ”Ruhr Nachrichten” doch auch noch existiert. Da könnte man doch.. Quatsch da kann man doch ganz einfach die Lokalnachrichten von denen in WAZ und WR packen, dazu noch der Mantelteil vom Content Desk in Essen und fertig ist die Lokalausgabe!

Aber selbst von diesem kastrierten Produkt träumt man in Dorsten noch, denn hier erscheint am 31. Oktober die WAZ zum letzten Mal. Dann ist Ende! Und am 31. Dezember trifft die WR in Lüdenscheid / Halver und Altena / Werdohl / Plettenberg das gleiche Schicksal. So traurig das für die betroffenen Mitarbeiter auch ist, schlimmer ist die Begründung, denn damit soll „die Chance zum Ausbau der Digitalisierung und zur Entwicklung neuer Produkte“ eröffnet und von diesen Mitarbeiter „initiiert und ausgebaut“ werden! Wie das denn bitte. Schulden ohne Ende, kein auch nur ansatzweise erkennbares Konzept außer Größe und offensichtlich eine äußerst angespannte Finanzlage. Der angestrebte Kauf der Springer Regionalzeitungen wird unter anderem durch einen Kredit von Springer finanziert, da die Hausbank wohl nicht mehr bereit ist, das Spiel weiter mitzuspielen.

So ergibt der Kauf der Regionalzeitungssparte von Springer natürlich Sinn: An die Regionalzeitung glauben und beim Wettbewerb auf Einkaufstour gehen, um dann Redaktionen zu schließen und die Blätter nur noch als Fassade zu präsentieren. Das Produkt wird so jedenfalls für bestehende oder zukünftige Leser unheimlich attraktiv. Da braucht man sich nicht zu wundern, dass Auflagenzahlen sinken und Anzeigenkunden schwinden! Und wer ist Schuld, klar die veränderte Mediennutzung und selbstverständlich nicht das fantasielose Weiter-so-vor-sich-hin-werkeln in Essen und der planlose Umgang mit der Herausforderung ”Internet”! Ich fürchte der Beitrag kann leider nur so enden: To be continued!

Digital vs. Papier oder unterschiedliche Strategien im Springer-Funke-Deal

Die Meldung platzte gestern wie eine Bombe in die Verlagswelt: Die Axel Springer AG verkauft insgesamt neun Printtitel an die Funke-Mediengruppe GmbH & Co. KGaA (die Änderung der Firmierung ist Folge des Deals). Was sich wie eine ”normale” Meldung liest, beinhaltet jedoch in vielerlei Hinsicht Sprengstoff.

Da sind zum einen die Titel die abgegeben werden. Dazu gehört die Regionalzeitung ”Berliner Morgenpost”, die Frauen- und Programmzeitschriften ”Bild der Frau”, ”Frau von heute”, ”Bildwoche”, ”TV Neu”, ”Funk Uhr”, und ”TV Digital”, Titel die keine besondere Bedeutung für den Verlag haben. Anders sieht es aber beim ”Hamburger Abendblatt” und der”Hörzu” aus. Denn dies sind nicht irgendwelche Titel, sie zählen vielmehr zu den Wurzeln des Verlages. Im Jahr 1946 gründeten Axel Springer und sein Vater, der Verleger Hinrich Springer, den Axel Springer Verlag in Hamburg. Erste Publikationen waren eben die Hörzu und die Nordwestdeutschen Hefte. 1948 folgte dann das Abendblatt. Damit wird deutlich, in Hamburg macht man ernst mit dem Wandel des Unternehmens hin zur digitalen Wirtschaft und zwei Kernmarken sollen es rausreißen, ”Bild” und ”Welt”. Selbst vor dem Schlachten Heiliger Kühe, wie in diesem Fall mit Abendblatt und Hörzu, schreckt man nicht zurück.

Der andere Aspekt betrifft den Käufer, die Funke-Mediengruppe. Deren Kaufziel ist laut Pressemitteilung, die Entwicklung des Konzerns zu einem führenden nationalen Medienhaus zu beschleunigen. Vermarktung und Vertrieb sollen gemeinsam mit Springer erfolgen und dadurch die Situation in Essen eine Wendung zum Guten finden. Und das Ganze zum Preis von 920 Mio. Euro, bei einem Umsatz der neun Titel von 512,4 Mio. Euro und einem EBITDA von 94,8 Mio. Euro. Da kann man Springer nur gratulieren. Denn unternehmerisch dürften die Hanseaten der Gewinner sein und sich die Hände reiben ob dieses Deals. Zumal sie noch ein zweites Mal kassieren werden und zwar Zinsen. Denn die Kreditlinie in Essen scheint nicht ausreichend groß zu sein, um den Abschluss stemmen zu können, sodass Springer einen Kredit von 260 Mio. Euro bereitstellt!

Hier beantworten also die zwei beteiligten Verlage, die grundsätzliche Frage, wie ihre Zukunft aussehen soll vollkommen unterschiedlich. Die Funke-Mediengruppe setzt weiterhin auf Print, will den Schwerpunkt auf seine Regionalmedien und Zeitschriften konzentrieren und dabei Print und Digitalmedien verbinden. Doch ob dies angesichts der stetig sinkenden Auflagen von Regionalzeitungen und Zeitschriften, dem hohen Schuldenstand und der Frage wie die Zukunft von Print aussieht gelingt, ist auch angesichts der Essener Konzeptlosigkeit sehr zu bezweifeln. Denn bisher sah die Strategie so aus, dass zuerst Ausgaben gesenkt werden müssen in Form von Zusammenlegungen, Stellenstreichungen, Lohnkürzungen. Schon jetzt dürfte in den Redaktionen und kaufmännischen Abteilungen das große Zittern ausbrechen.

Aus Sicht von Springer ist der Verkauf der Titel vor allem eins: konsequent. Ende Juni erklärte der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner gegenüber der Süddeutschen Zeitung, man wolle der digitalste Medienkonzern werden“. Und dafür hat man in den letzten Jahren bereits einige Zukäufe realisiert: Dazu gehören Unternehmen wie Stepstone, Immonet und Kaufda. Der Wandel ist im vollen Gange und der Verkauf an Funke spült weiteres Geld in die Kassen, um digital wachsen zu können. Verlierer ist der Printbereich, aber dieser hat für Springer anscheinend keine Zukunft mehr. Denn eines beweist der Deal, Matthias Döpfner, Chef von Europas größtem Zeitungshaus glaubt nicht mehr an Print. Für ihn heißt die Zukunft digital. Und dass er damit falsch liegt, darauf gehe ich jedenfalls keine Wette ein!

Update 29. Juli 2013: Auch in Frankreich beschreitet Springer den Weg der Digitalisierung und verkauft große Teile seines Print-Geschäfts. Dort geht der französische Zeitschriftenverlag PGP an das Medienunternehmen Reworld Media.

Abo 2.0

Okay, die Geschichte des Überlebenskampfes der Printpresse ist bereits reich an skurrilen und seltsamen Anekdoten, wie die Verlage hoffen ihr Geschäftsmodell in die Zukunft transferieren zu können. Auch an dieser Stelle gab es bereits den einen oder anderen Blogbeitrag, der sich mit dem Thema befasste, zuerst einmal in „Person“ der Funke-Mediengruppe. Und wie der Zufall es will, wieder gibt es aus Essen etwas zu berichten. Doch bevor ich darauf eingehe, möchte ich an dieser Stelle betonen, dass die intensive Berichterstattung über das Essener Medienunternehmen nicht darin begründet ist, dass WAZ & Co. unter besonderer Beobachtung stehen. Nein vielmehr liegt es daran, dass wie Heinrich Böll einmal feststellte es „weder beabsichtigt, noch zufällig, sondern unvermeidlich“ ist.

Denn die kreativen Köpfe des Konzerns haben sich etwas ausgedacht, ein neues Modell für das Print-Abonnement, das ich passend zur Entwicklung im Web Abo 2.0 nennen möchte. Bei diesem Modell werden jahrelang bewährte Methoden wie die morgendliche und tagesaktuelle Auslieferung des Blattes einfach gekappt und durch einen revolutionär neuen Vertriebsweg ersetzt: die Verzögerung der Lieferung um 24-Stunden. Denn die WAZ hat einem Teil ihrer Abonnenten en passant mitgeteilt, ihre Zeitung könne leider erst am nächsten Werktag nach dem Erscheinungstag zugestellt werden. Um es noch einmal klar und deutlich zu sagen, die Zeitung von heute, dem 05. Juni hat der Leser nicht mehr heute morgen erhalten sondern wird er erst morgen am 06. Juni im Briefkasten finden! Woran das liegt, fragt sich der geneigte Betrachter, und die Erklärung wird direkt mitgeliefert: Es sind nicht höhere Mächte, die die Verzögerung verschulden sondern „unvermeidliche Logistikänderungen“. Der Verlag bittet selbstverständlich um Verständnis und verweist auf das „kostenlose“ E-Paper der WAZ.

Man kann zu Print stehen wie man möchte, aber das ist schlicht und ergreifend ein Tritt in den Ar… des Kunden. Denn dieser erwartet schließlich jeden morgen bis spätestens sieben besser noch sechs Uhr seine aktuelle Tageszeitung – zumindest verstehen die Verlage ihr Produkt als aktuell – im Briefkasten. Ist die dann nicht da, wird zügig zum Telefon gegriffen und nachgehakt wo denn die Zeitung bleibt. Gegen eine Umstellung auf ein digitales Abo ist natürlich gar nichts einzuwenden, wenn, ja wenn sich der Abonnent freiwillig entscheidet, seine Zeitung auf einem Tablet zu lesen. Ihm aber mehr oder weniger die Pistole auf die Brust zu setzen, digitales Abo oder 24-Stunden-Verspätung ist also nur hirnrissig. Vielleicht interessiert den Verlag aber das Printprodukt gar nicht mehr und er will auf diesem Wege die Leser in Richtung Digitalausgabe drängen. Doch das entscheidet der Kunde in der Regel ganz allein, gegebenenfalls auch per Kündigung.

Ich weiß zwar nicht, wer für diese angebliche Logistikänderung verantwortlich zeichnet, aber wie Hohn wirkt das, was auf der eigenen Webseite zur WAZ-Logistik steht: „Millionen Sendungen werden wöchentlich von der WAZ-Logistik NRW (WLN) in die Briefkästen der Menschen in unserem Verbreitungsgebiet geliefert – schnell und ohne Umwege. WAZ-Logistik NRW bietet als erfahrenes Service-Unternehmen der FUNKE MEDIENGRUPPE eine qualitativ hochwertige Zustellung von adressierten und unadressierten Produkten aller Art.“

Personalabbau in Bremen

Nein das soll auf keinen Fall eine Geschichte werden, nach dem Motto, seht ihr, ich hab es doch schon immer gewusst. Dafür ist das Thema viel zu ernst! Vor allem für die Betroffenen, aber verschweigen oder gar schweigen dazu, das geht auch nicht. Denn eine erneute Schreckensmeldung erreicht die Mitarbeiter in deutschen Verlagshäusern besser gesagt eines Regionalverlages. Dieses Mal ist nicht schon wieder von der Funke Mediengruppe die Rede. Nein, denn jetzt kündigt die Bremer Tageszeitungen AG an, den Sparhammer zu schwingen und betroffen sind 110 Mitarbeiter, rund ein Drittel der Angestellten. Erneut sollen also laut DJV zahlreiche Beschäftige entlassen werden, um den Laden zu retten. Das sitzt und zwar richtig!

Die Häufigkeit der Meldungen in der letzten Zeit zeigt nicht nur einen Trend an, sondern ist eher Beleg dafür, dass die Uhr immer schneller tickt. Es geht schlicht um das nackte Überleben der Tagespresse insgesamt. Die IVW-Zahlen lügen jedenfalls nicht. Überraschen kann das aber nicht, denn viel, zuviel ist in den letzten Jahren versäumt worden. Und die Verlage haben es aus ihrer Position der Stärke verpasst, diesen Wandel mitzugestalten. Wer jetzt immer noch glaubt es könne und werde alles so weiter laufen wie bisher, wenn man nur etwas oder viel spart, der hat anscheinend noch immer nicht verstanden, dass wir bereits mitten im Zeitungssterben stecken.

Update 26. April: Der Heckmeck um Hackmack fügt dem Kapitel BTAG noch eine weitere Nuance hinzu. Ulrich Hackmack, Vorstandsvorsitzender seit 14 Jahren, wurde vom Aufsichtsrat abberufen. Grund ist jedoch nicht die Kündigungswelle sondern eine drohende Entscheidung des OLG Bremen, seine Vertragsverlängerung 2009 sei formal nicht korrekt verlaufen. Die Ursache liegt im Streit der beiden Gesellschafterfamilien Meyer und Hackmack. Auch bezüglich der Strategie sollen unterschiedliche Auffassungen vorhanden sein. Das erinnert etwas an die Situation bei der WAZ-Mediengruppe, die jetzt zur Funke-Mediengruppe mutiert ist. Hoffen wir für die Mitarbeiter, dass die Entwicklung in Bremen sich auch nicht in anderen Punkten der in Essen annähert, denn dann folgen bald neue Entlassungswellen.

Die Einschläge werden heftiger

Ich weiß, die Krise der Zeitungen ist nun wahrlich kein neues Thema. Auflagenverlust der Tageszeitungen seit 2000 um 30 Prozent, Anzeigenerlöse um 42 Prozent gesunken. Und dennoch, was sich in den vergangenen Wochen und Monaten getan hat und sich derzeit noch tut, ist vielleicht das stärkste Beben das die Verlagsbranche bisher erlebt hat, weil es die großen Häuser trifft. Die Financial Times Deutschland eingestellt, die Frankfurter Rundschau vom Verlag der FAZ übernommen und marginalisiert. Auch im Ruhrgebiet werden die Nachrichten immer gruseliger. Hier heißt der Platzhirsch WAZ-  Funke-Mediengruppe unter anderem mit den Blättern Westdeutsche Allgemeine Zeitung, (Westfälische Rundschau), Neue Ruhr / Rhein Zeitung, Westfalenpost und quasi Alleinherrscher. Dieses Haus liefert ein Paradebeispiel dafür ab, was man so alles nur falsch machen kann. Zeitungen werden sogar entseelt und dennoch scheint kein Halten mehr.

Erst im Januar wurde die Entlassung von 120 Redakteuren der „Westfälischen Rundschau“ verkündet und als Begründung die Interessen des gesamten Unternehmens geliefert. Gute zwei Monate später muss wohl festgestellt werden, das hat bei weitem nicht gereicht nichts aber auch gar nichts gebracht. Denn der Deutsche Journalisten Verband NRW meldet, dass heute am Nachmittag 200 weitere Mitarbeiter entlassen wurden und spricht vom „Sparen als einzigem Konzept“ im Hause Funke. Dabei soll es Mitarbeiter von Content Desk, Anzeigenblätter und der Bereich Anzeigen treffen. Besonders bemerkenswert, die Anzeigenblätter schreiben schwarze Zahlen und das Content Desk sollte die Mantelthemen liefern für die plattgemachte Westfälische Rundschau.

Vorausschauendes Agieren und strategische Unternehmensführung sehen jedenfalls anders aus, Konzepte wie man sein Geschäftsmodell ins 21. Jahrhundert transferieren kann auch. Obwohl der Buhmann ist bereits klar, die Anzeigenkunden und hier anscheinend besonders Aldi.

Die Frage ob die Branche noch zu retten sein wird, scheint sich in 2013 endgültig zu entscheiden. Und es sieht nicht gut aus für die Verlage. Denn die Einschläge kommen schneller und werden heftiger und jetzt werden neben dem bösen Internet im allgemeinen und Google im speziellen auch noch die Anzeigenkunden beschimpft. Nur selbst hat man keine Fehler gemacht, ist doch klar!

Update 21. März: Jetzt trifft es auch noch die Funke-Mitarbeiter in der Zeitungsgruppe Thüringen. Hier wird die Online-Tochter ZGT Online dichtgemacht. Zehn festangestellte und zehn freie Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz. Anscheinend liegt die Zukunft des Hauses jedenfalls nicht im Web! Mal schauen was stattdessen die Zukunft sein soll. Verstehe das wer will!